Tag 16

Die Zeit bis zum Aufbruch nutzt Sigrid, um das gelbe, quadratische Tuch, das wir beim Start in Oberstaufen erhalten hatten, mit Kindern und einer Friedensbotschaft zu bemalen. Um kurz nach 10 Uhr brechen wir auf. Es ist nicht ganz einfach, den Weg aus Old Jaffa herauszufinden und auf die richtige Straße, Route 44, zu kommen. Die nächste Rallye-Aufgabe steht an: Weitere gefüllte Schulranzen übergeben wir an Erstklässler.

Um 12 Uhr kommen wir an der Schule angekommen: Wahat Al-Salam in Neve Shalom an. Uta übergibt einen Schulranzen an ein Mädchen, das ihren Vornamen in das Roadbook schreibt. Deren Name wird Ahava ausgesprochen. Auch Simon und Phillip übergeben ihre Ranzen. Einen davon an ein Mädchen, das ihnen gezeigt wurde. Dieses versteht erst nicht, dass auch sie ihren Vornamen in das Roadbook schreiben soll. Nachdem ein größeres Mädchen es ihr übersetzt, malt sie die hebräischen Buchstaben ihres Namens sorgfältig in das Roadbook.

Und noch ein weiteres Mädchen schreibt ihren Vornamen. Sigrid überreicht das gelbe Tuch mit der Friedensbotschaft an die Schulleiterin Carmella Ferber. Daraus wird am Ende mit allen Tüchern der Teams ein großes Patchwork-Kunstwerk entstehen, das in der Schule aufgehängt wird.

 

Eine knappe Stunde nach Ankunft geht es weiter auf der Route 44 in Richtung Bet Shemesch. Heute ist ein straffes Programm vorgesehen. Und aufgetankt werden muss auch. Wieder auf der Straße, hören wir bei Merkur ein Geräusch beim Fahren. Was ist das? Die Scheibenwischwasserleitung für die Heckscheibe hat sich gelöst. Ich schneide anderthalb Meter davon ab und entsorge sie. Überhaupt wird das Auto immer leichter, weil wir immer mehr Teile entfernen, frotzeln wir. Hatte ich schon erwähnt, dass bei dieser drückenden Hitze unsere Klimaanlage nicht funktioniert? Die könnten wir eigentlich auch demontieren; bringt wieder ein paar Kilo.

Wir finden den Zora Forest und fahren den Skulpturenweg entlang, ein Stück davon recht uneben. Und auch das Weingut Mony Winery, das sich in einem alten Kloster befindet, finden wir. Es erwartet uns frisches handgemachtes Pita Bread, einmal süß mit Nutella, einmal mit Quark und grün aussehendem Gewürz. Hier im Weingut und im Kloster gilt es, drei Fragen zu beantworten:

– Welchen Namen trägt die Madonna des Klosters? (Reginae Palaestinae)

– Welche Anzahl an Figuren zeigt der im Roadbook abgebildete Tisch an seinem Ende? (sechs Figuren)

– Was wurde vor dem Weinanbau von den Mönchen betrieben? (Sie züchteten Pilze)

 

Und dann schaffen wir es gerade noch, eine weitere Aufgabe zu erfüllen: Bevor Jo und Nadir vom OK, schon auf dem Motorrad sitzend, abdüsen, singen wir den beiden mit unserem Musikinstrument vom Start in Oberstaufen, eine Trommel, „Bruder Jakob“ vor. Zugegeben: mehr recht als schlecht. Aber es gilt. Weiterfahrt um 15 Uhr.

 

Kurz nach der Abfahrt vom Weingut Mony Winery geht es nach links ab zur Midras beziehungsweise Madras Ruin. Es gibt beide Schreibweisen. Sind wohl doch falsch abgebogen. Es ist gar nicht so einfach, sich hier zurechtzufinden. Die Schilder sind meistens dreisprachig: erst hebräisch, dann arabisch, zuletzt auf Latein. Teils aber auch ausschließlich auf Hebräisch. Wir waren doch richtig. Zusammen mit anderen Teams finden wir über eine holprige, geteerte Straße schließlich ganz abgelegen die Midras Ruins. Es ist Nachmittag und die Sonne brennt ohne Erbarmen vom Himmel.

Außer uns parken noch einige Rallyefahrzeuge dort. Alle Schattenparkplätze sind belegt. Einen staubigen, teilweise steinigen Fußweg durch ausgedörrte Wiesen geht es leicht die Anhöhe hinauf. Ein AOR-Schild weist uns den Pfad. Einer Infotafel entnehmen wir, was wir als Besucher alles nicht dürfen: wir dürfen mit dem Auto nicht vom Weg abkommen, keine Hunde mitnehmen, kein offenes Feuer machen, nicht auf Pferden reiten, nicht mit Waffen schießen und nicht in Erdlöcher fallen. Oder soll das Schild bedeuten: wer andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein!? Dann entdecken wir den Eingang zu einer nach oben hin offenen Höhle.

In den steilen Wänden sind kleine Einbuchtungen. In diesen stehen handgefertigte kleine Tonkrüge. Ein jeder von uns darf sich einen davon aussuchen.

 

Wir sollen später noch Wasser aus dem Jordan hineinfüllen. Gegen 16.30 fahren wir weiter. Wir sollen schon um 17 Uhr beim Second-Hand-Flohmarkt sein. Und auch unsere Musikinstrumente, die beiden Trommeln, benötigen wir dort.

Gegen 18 Uhr erreichen wir unser Ziel, das Pharmadom Desert Spirit Village. Dabei handelt es sich um eine Einrichtung für Drogen- und Alkoholabhängige, die hier in den ersten Monaten ihres Entzugs einen Weg in ein normales geregeltes Leben finden sollen. Es werden Kinder, Jugendliche und Erwachsene betreut und gefördert. Gleich nach unserer Ankunft studieren wir ein israelisches Lied ein und singen vor dem Haus alle gemeinsam: „shir la’ahava“ – ein Lied für den Frieden.

Nach dem gemeinsam gesungenen Friedenslied im Pharmadom Desert Spirit Village gehen wir ins Gebäude. Im großzügigen, bestuhlten Foyer erhalten wir im Rahmen eines Lichtbildervortrags umfangreiche Informationen über das Suchtzentrum. Unsere Spenden – Dinge aus den 60er und 70er Jahren – bleiben hier. Auch unsere Musikinstrumente. Sie werden später bei einem Flohmarkt verkauft. Der Erlös kommt der Einrichtung zugute.

Nach dem Vortrag stellen wir die Stühle im Kreis auf. Ein junger Mann spielt Gitarre und singt dazu: „My Way“ (von Frank Sinatra). Ist er ein ehemaliger Patient? Das wissen wir nicht, wir vermuten es nur. Anschließend spielen die Rallyemusiker im Orchester mit den mitgebrachten Instrumenten und der ganze Rallyechor singt: Bruder Jakob, Bruder Jakob, schläfst du noch? Nach der Zugabe „Alle meine Entchen“ meint OK-Chef Wilfried witzelnd, jetzt besser keine zweite Zugabe mehr zu geben. Zum Abschied erhalten wir ein kleines Geschenk. Im Staub der untergehenden Sonne geben die abfahrenden Fahrzeuge ein tolles Bild ab.

Nun geht es ins Camp. Irgendwo im Nirgendwo der Wüste.

Schnell die Campingstühle und den Tisch herausgeholt und die Gläser auf den Tisch. Auch die Temperatur wird so langsam angenehm. Es war doch recht heiß heute. Hatte ich schon erwähnt, dass unsere Klimaanlage im Merkur nicht funktioniert? Die Haut meldet sich warnend: Sonnenbrand!

 

Einige wenige Rallye-Teams verwandeln die karge Wüste zur Party-Meile. Ein Team aus Karlsruhe leuchtet ihren Platz mit einem Teleskop-Feuerwehrscheinwerfer aus und versammelt sich auf einer Biergarnitur, die auf dem Dachträger eines ihrer Fahrzeuge steht. Besonders das Team in den Lederhosen mit ihren grünen Autos tut sich in Sachen Musikbeschallung hervor. Zum Glück sind Sigrid und ich mit einem gesunden Schlaf gesegnet. Uta ist’s dann doch zu viel. Gegen 5 Uhr schreitet sie zum DJ und bittet fordernd, doch mal zwei bis drei Stufen herunter zu schalten.