Tag 15

Früh, viel zu früh, läutet der Wecker. Noch einmal die warme Dusche genießen. Noch völlig verschlafen, frühstücken wir eine Kleinigkeit. Der Shuttle kommt und nach wenigen Minuten sind wir am Flughafen. Durch die Kontrollen kommen wir reibungslos hindurch. Fast. Ich – Wenigflieger – hatte in meinem Kulturbeutel eine Schere sowie ein Flüssigpflaster und ein Mini-Deospray vergessen. Selbst schuld. Phillip muss sein Haaröl opfern. Und bei Andreas zieht ein Zöllner verwundert einige etwa 30 Zentimeter lange Gewindestäbe aus dem Gepäck. Er fragt irritiert einen Kollegen. Nachdem Andreas ein paar erklärende Worte loswird, darf er die israelische Taschenkontrolle passieren. Wir wollen nämlich wieder unsere verlustig gegangenen Standerfähnchen am Auto erneuern. Und dafür eignen sich die Gewindestangen hervorragend.

Sigrid stutzt. Sie entdeckt in ihrem Reisepass ein Datum, das es gar nicht gibt. Ihr Ausreisestempel aus Mersin/Türkei ist auf den 51. Mai datiert.

 

Um 7.15 Uhr heben wir ab. In der Maschine sitzen nur Rallye-Teilnehmer. Sie wurde extra für uns gebucht. In der Mai-Ausgabe der Bordzeitschrift entdeckt Sigrid das Rezept für Kunefe, dem süßen Nachtisch, den Simon vor kurzem probiert hat. Der Pilot informiert uns darüber, dass wir gerade rechter Hand Zypern passieren.

 

Wenige Minuten später überrascht uns eine erneute Durchsage aus der Pilotenkanzel, diesmal auf Englisch. We have some problem. Keine Einreisegenehmigung nach Israel. Auf der Höhe von Beirut/Libanon wendet das Flugzeug. Wir fliegen zurück nach Adana. Der genaue Grund dafür bleibt bis zum Schluss unklar. Offenbar sind einige Formalitäten unklar. Wir schauen uns alle ratlos an. Was heißt das jetzt für die Rallye? Abbruch? Das Aus? Und unsere Autos? Viele Fragen, aber keine Antworten. Die Stimmung an Bord bleibt trotzdem gelöst und entspannt. Keiner denkt offensichtlich an ernsthafte Probleme. Und von der israelischen Mannschaft nutzt ein Scherzkeks die Chance, um uns alle zu veräppeln. Er führt zuerst mit seinem Handy ein ernsthaftes Gespräch auf Hebräisch, dann erklärt er uns auf Englisch den Grund des Landeverbots: Ein Pilot habe in der Türkei seine Fluglizenz vergessen, die müsse er jetzt noch holen. Denn ohne Papiere…, da würden die Israelis keinen Spaß vertragen.

Statt um 8.25 Uhr in Israel zu sein, sind wir um 8.40 Uhr wieder auf türkischem Boden gelandet. Und ein befreundetes Team stellt uns für unseren Blog einen Screenshot unseres abgebrochenen Fluges von „flightradar24.com“ zur Verfügung. Vielen Dank!

 

Zurück in Adana. Wir müssen vorerst im Flugzeug bleiben. Um zehn vor 9 Uhr, fünf Minuten nach der Landung, ertönt die Durchsage, dass neu aufgetankt wird und es wieder in die Luft geht, Richtung Israel. Wenig später die Durchsage: Bitte anschnallen. Und schon rollt das Flugzeug los. Während des Flugs eine nicht zufriedenstellende Erklärung für die Umkehr auf Englisch: wir sind kein Linienflug, von daher hätte unser Flug von einer Firma angemeldet werden müssen. Es gab noch Formalitäten zu klären.

10.30 Uhr – etwas holprige Landung in Tel Aviv. Sonniges, sehr warmes Wetter erwartet uns. Orly und Wilfried vom OK heißen uns in Israel willkommen. 12 Uhr fährt der Zug ab. An der Station Merkaz Hashmona steigen wir nach einer Fahrzeit von 90 Minuten aus. Anschließend noch ein zehnminütiger Fußweg zum Hafen von Haifa vor uns. „Welcome to Haifa Port“. Nachdem unsere Reisepässe kontrolliert worden sind, werden wir auf das Hafengelände gelassen. Dort erwartet uns ein kleiner Snack und Getränke.

Durch die Flugumkehr hat sich unsere Wartezeit im Hafen um eine Stunde verkürzt. Wir vertreiben uns die Zeit: ich interviewe Andreas, Uta liest ihren Reiseführer, Phillip und Simon sonnen sich, Sigrid zeichnet den Luft- und Raumfahrtstudenten vom Mercedesteam eine Friedenstaube auf das gelbe Stück Stoff. Was Simon gleich moniert. Sigrid kontert: Ich übe bei der Konkurrenz, auf unserem Stück Stoff kann ich’s dann. Es handelt sich dabei um eine der Rallye-Aufgaben. Die Stoffteile hatte jedes Team beim Start in Oberstaufen erhalten, um eine Friedensbotschaft darauf zu verewigen.

Die Fähre kommt in Sicht und fährt 15.45 Uhr in den Hafen ein. Kleinbusse kommen nach einiger Zeit und sammeln die Rallyeteilnehmer in Gruppen auf und fahren sie in den Teil des Hafengeländes, in dem unser Fährschiff liegt. Nach und nach dürfen die Autos nach Aufforderung herausgefahren werden und stehen dann wieder in Reih und Glied da.

 

Die Zollbeamten laufen durch die Reihen, werfen jeweils einen Blick in den geöffneten Kofferraum und kleben einen Aufkleber auf den Scheibenwischer als ok von der Security. Nur wenige Fahrzeuge werden komplett durchsucht. Weitere Kontrolleure kommen und kleben einen zweiten Ok-Aufkleber auf den Scheibenwischer. Aussteigen darf man nur, um zur Passkontrolle zu gehen, oder nach Aufforderung. 18.30 Uhr ist auch Jupiter durch die Kontrolle durch.

 

Nun sind nach uns auch unsere Sterne sind in Israel angekommen. Wir haben bis jetzt 6.100 Kilometer erfolgreich hinter uns gebracht.

Wir starten von Haifa Port gen Hadera (Chadera). Ganz in der Nähe, in dem kleinen Örtchen Emek Hefer, hat die Brauerei Alexander ihren Sitz. Dort erwartet uns die nächste Rallye-Aufgabe. Wir kommen kurz vor 20 Uhr dort an. Zahlreiche Team-Fahrzeuge parken bereits auf der Straße. Wir schnappen unsere Utensilien und freuen uns auf eine Bier-Verkostung. In der kleinen Probierstube herrscht reges Gedränge. Auf einem großen Tisch in der Mitte steht eine unüberschaubare Zahl von Bierflaschen der unterschiedlichsten deutschen Brauereien. Eine Aufgabe lautete nämlich, dass jedes Team sechs verschiedene Bierflaschen von Lokalbrauereien mitbringen und an diesem Ort gegen ein Alexander-Bier eintauschen soll.

 

Wir erfahren, dass Biertrinken in Israel eigentlich keine Tradition hat – weder kulturell noch zahlenmäßig. Nur elf bis 15 Liter werden im Jahr pro Person konsumiert, in Deutschland sind es knapp 107 Liter. Vor gut zehn Jahren hat die erste Craftbeer-Brauerei aufgemacht. Heute gibt es rund 30 kleine, lizenzierte Brauereien. Die Marke mit der geflügelten Schildkröte, die Alexander-Brauerei, ist erfolgreich. Eine Sorte gewann die Goldmedaille beim europäischen Bier-Star-Wettbewerb. Der Wettbewerb ist einer der größten weltweit, an dem jährlich Produzenten aus 40 Ländern ungefähr 1.500 Gerstensäfte vorstellen.

An der Wand der Probierstube prangt folgender Spruch des amerikanischen Musikers Frank Zappa: „You can’t be a real country unless you have a beer and an airline. It helps if you have some kind of a football team, or some nuclear weapons, but at the very least you need a beer“ (Du kannst kein richtiges Land sein, es sei denn, Du hast ein Bier und eine Fluggesellschaft. Es hilft, wenn Du irgendeine Art Fußballmannschaft oder irgendwelche Atomwaffen hast, aber wenigstens brauchst Du ein Bier), den wir für sehr sinnig und an dieser Stelle passend finden.  

 

Jetzt steht noch die zweite Aufgabe an: Wir übergeben einen kleinen Sack Hopfen, den wir beim Start in Oberstaufen erhielten, an Sebastian Graßl und lassen uns dies mit Stempel und Unterschrift in unserem Roadbook quittieren. Der Juniorchef der Schäffler-Brauerei aus dem Oberallgäu ist extra nach Israel gekommen, um mit den Zutaten der Rallye-Teams bei Alexander Beer ein Bier zu brauen, das Allgäu-Orient-Rallye-Bier. Zum Verkosten dieses Bieres reicht uns die Zeit aber nicht. Graßl sagt, dass es erst in etwa vier Wochen soweit ist.

Wir brechen auf und suchen in Old Jaffa Port unseren Übernachtungsplatz. Ganz ohne Navi hat es dann doch einige Zeit und etliche „Bürgerbefragungen“ gebraucht, bis wir ihn finden. Wir freuen uns auf einen kleinen Spaziergang in die Altstadt und finden auch ein uriges Lokal, in dem wir uns lecker stärken können. Der Rückweg zum Auto ist kurz und auch die Nachtruhe in unseren Sternen.