Tag 13

Dunkle Wolken am Himmel. Heute Morgen laufen wir gleich nach dem Aufwachen zum Side Royal Palace Hotel. Wir dürfen dort die Duschen im Spa-Bereich benutzen. Auf dem kurzen Fußweg sputen wir uns, da es zu regnen beginnt. Ausnahmsweise gibt es im Damenbereich keine Wartezeit, da die Mehrheit der Rallyefahrer männlich ist. Allerdings öffnet der Spa-Bereich erst um 8.30 Uhr, und nicht, wie angekündigt, um 8 Uhr. Das Duschen ist herrlich. Mal wieder, seit Tagen, ein richtig schöner Strahl von oben. Und auch noch warm. Super.

So angenehm die Dusche im Hotel war – was sich aber außerhalb abgespielt haben muss, ist fast beispiellos. Da kamen innerhalb von wenigen Minuten gigantische Wassermassen herunter. Andreas, der noch beim Auto blieb, hat solch einen Wolkenbruch noch nicht gesehen. Im Nu sei die Straße knöcheltief mit Wasser bedeckt gewesen. An einer Kreuzung entsteht ein kleiner See. Autos und Busse wagen sich im Schritttempo hindurch. Die Schuhe von Uta und Andreas wurden weggeschwemmt. Uta hatte sie am Vorabend extra unters Auto gestellt, damit sie bei Regen nicht nass werden. Sie finden sie ein paar Autos weiter wieder. Wenig später scheint wieder die Sonne, als sei nichts gewesen.

Dann erzählen Phillip und Simon von ihrem Erlebnis: Zwischen den Autos stellen wir unsere Campingstühle auf und genießen den morgendlichen Kaffee. Ein Touristenpaar kommt entlang des Wegs. Der Mann mokiert sich in sächselndem Dialekt über die Vagabunden, die hier an der Straße herumlungern und nichts zu tun haben. Wir als Team sind gemeint.

Wir fahren gegen 9 Uhr durch das AOR-Tor, das vor dem Hoteleingang aufgestellt wurde. Auch diesmal fährt die Polizei voraus. Beim Bremsen vor einer roten Ampel fällt plötzlich etwas auf uns herab. Was war das denn? Eine Dose Cola fiel glatt durchs geöffnete Schiebedach. Ups, die haben wir wohl auf dem Dach vergessen. Wir scheren aus der Eskorte aus, da wir unseren Essens- und Getränkevorrat auffüllen müssen und halten vor einem Supermarkt an. Gesagt, getan, und weiter geht’s. Es ist schon 11.30 Uhr.

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Unser Weg führt uns heute nach Alanya. In dieser Stadt sehen wir die ersten beiden Kamele rechts am Straßenrand. Und wir sehen am Straßenrand Plakate mit dem Abbild Atatürks und dem heutigen Datum. Stimmt, heute ist Nationalfeiertag in der Türkei. Beim Tankstopp fotografieren wir den Tankwart zusammen mit unserem Maskottchen Kami. Der Tankwart lädt uns zum Tee ein, wir lehnen ab, aus Zeitgründen.

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Auf der D 400 kurz vor Muzkent schließen wir zum „grünen Team“ auf. Wir bilden eine Dreierformation: drei „Grüne“ fahren vorne, dann folgen gleich wir „Turborostigen“. Die Sonne begleitet uns.

Das Wetter ist einfach zu schön und das Meer in Sichtweite. Kurz vor Yesilöz fahren wir zum wenige Meter entfernten Strand und legen eine Vesperpause ein. Uta und Andreas stellen ihre noch immer nassen Schuhe zum Trocknen aufs Auto. Phillip und Simon stürzen sich in die Wellen. Im Lokal am Strand entdecken wir ein halb abgesägtes Auto – einen Opel Kapitän, 65er Baujahr. Der Chef erzählt uns augenzwinkernd, dass er wenig Geld gehabt habe und er deshalb nur ein halbes Auto gekauft habe. Die andere Hälfte stehe in einer Hafenstadt im Norden.

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Wir haben noch einige Kilometer an Strecke vor uns. Kurz vor 14 Uhr setzen wir uns wieder in die aufgeheizten Autos. Habe ich bereits erwähnt, dass unsere Klimaanlage ihren Geist aufgegeben hat? Ab Gazipasa regnet es.

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Wir haben uns vom Meer entfernt und fahren wieder durch die Berge. Dort ist es abwechslungsreicher, finden wir. In der Gegend von Ören und Anamur fahren wir in weiten Kurven von der Höhe hinunter. Am Straßenrand fallen uns mehrere Händler auf, die ganze Stauden von grünen Bananen anbieten. Unten im weiten Tal sehn wir eine große, von Gewächshäusern bedeckte Fläche. Die zum Teil geöffneten Scheiben geben den Blick auf Bananenstauden frei. An der sehenswerten Burg Mamure Kalesi fahren wir direkt vorbei. Mit etwas Bedauern, es bleibt sehr wenig Zeit für die Menschen und die Kultur in den Ländern, die wir durchfahren. Aber wir sind auf einer Rallye. Viele Kilometer haben wir schon hinter uns gebracht, und viele Kilometer in unseren fahrenden Sternen liegen noch vor uns.

Wir machen wieder einen Abstecher ans Meer. In Bogsak finden wir ein schnuckeliges Fischlokal und freuen uns schon auf leckere Meresfrüchte. Selbst Simon, der „eigentlich“ keinen Fisch mag, wenn er nach Fisch schmeckt, wie er sagt, mundet das gegrillte Schuppentier.

 

Heute ist Feiertag in der Türkei „Atatürk´ü Anma, Gençlik ve Spor Bayramı“ oder: Feiertag der Jugend, des Sports und an das Gedenken an Atatürk. Türkische Familien nutzen den Tag beispielsweise zu einem Ausflug ans Meer. Die Kinder baden im nahegelegenen Strandbad. Gut gesättigt fahren wir weiter nach Silifke. Im Vorbeifahren sehen wir eine schöne Burg und eine im Meer gelegene Festung.

Endlich in Mersin – wir suchen erstmal eine Dreiviertelstunde lang den Hafen. Inzwischen ist es dunkel geworden und eine Jacke kann man auch wieder vertragen. Jetzt heißt es gleich: Abschied von unseren Sternen nehmen. Aber nur für ein, zwei Tage. Jupiter, Merkur und Venus schippern auf einem RoRo-Schiff gen Haifa, wir fliegen einen Tag später nach Israel hinterher. Wir packen schnell unsere Siebensachen, das heißt, nicht mehr als das Handgepäck, und vor allem Verpflegung. Die Wartezeit kann lang werden, hat man uns eingebläut. An uns vorbei fahren einige Rallyeautos. Sigrid fragt OK-Chef Wilfried, wo diese denn hinfahren. Seine Antwort: Das willst du besser nicht wissen, die werden vom Zoll geröntgt.

Inzwischen ist es schon 22.30 Uhr. Nichts passiert, alle warten, schon seit zwei Stunden. Doch dann setzen sich die ersten Autos in Bewegung und fahren dem Fahrzeug der Hafenpolizei hinterher. Links, rechts, geradeaus geht es durch den Containerwald vorbei an vielen Schiffen, bis wir unser Ziel erreicht haben. Ein Rallyefahrzeug nach dem anderen wird aufs Schiff gelassen. „Schlüssel stecken lassen und Auto nicht abschließen!“ Auch das wird uns eingebläut.

So, jetzt haben wir erstmal viel Zeit, bis um 2 Uhr in der Nacht der Bus-Shuttle kommt. Bis zum Hotel sind es aber auch noch mal 80 Kilometer beziehungsweise eine Stunde. Wenn alles klappt, wie geplant. Die Kantine im Hafen hat zu. In die Stadt hinein sind’s rund drei Kilometer. Wir machen uns zu viert auf den Weg und finden tatsächlich ein offenes Lokal, in dem wir unseren Hunger stillen können. Gegen 1.30 Uhr wieder zurück im Hafengelände, entlang weiterer um die 20 Rallyefahrzeuge vor dem Tor, die noch immer auf Einlass warten. Die ersten Shuttles kommen. Kurz darauf starten die ersten gen Hotel, mit Uta, Andreas, Phillip und Simon an Bord. Ausgerechnet kurz vor Sigrid und mir reißt die Kette ab, ist der Bus vor uns voll. Das heißt wieder warten. Eine geschlagene Stunde dauert es, bis sich endlich auch unser Bus um 3.30 Uhr in Bewegung setzt.

 

Nach einer Stunde Fahrt erreichen wir völlig übermüdet unser Hotel. Schlange an der Rezeption. Viele von uns haben kein Zimmer für diese kurze Nacht gebucht, so auch wir. Das Hotel gestattet uns entgegenkommenderweise im ersten Stock im Aufenthaltsraum zu übernachten. Sessel und Couches sind von müden Rallyefahrern belegt. Hier finden wir auch unser Team wieder. In einem Eck auf dem Teppich kommen auch wir zur Ruhe, wenigstens für einige wenige Stunden.