Tag 12

Die Nacht in Dalyan war schwül, die Autoscheiben sind ganz beschlagen. Morgens tröpfelt es leicht. Den Muezzin um 5 Uhr haben alle anderen gehört. Sigrid und ich haben tief geschlafen. Uns ist der laute Ruf vom Minarett nebenan entgangen.

 

Sigrid schenkt dem jungen Mann vom Toilettenhaus eine Kappe. Nach der Dusche beim Hinausgehen bedankt er sich mit einer Rose.

Jetzt müssen wir den Unfallschaden von Merkur angehen. Der Einreisetag nach Israel rückt immer näher. Nach kurzer Überlegung, ob wir zu einer Autowerkstatt mit Schrottplatz zwei Orte weiter fahren oder versuchen, selbst Hand anzulegen, entscheiden wir uns für die Do-it-yourself-Methode. Andreas stellt einen seiner acht Zusatzscheinwerfer zur Verfügung. Welchen davon, diese Wahl ist schnell getroffen. Denn bei einem ist, wie wir jetzt erst feststellen, die Halterung komplett getroffen. Er wird nur noch vom Panzertape und den Stromkabeln gehalten.

vorher - nachher

Wir finden bei Merkur eine geeignete Einbaustelle, nämlich direkt vor dem defekten alten Scheinwerfer, befestigen die Lampe mit einer Schlossschraube, die wir vom gut ausgestatteten Feuerwehr-Team erhalten, inklusive Muttern und Lüsterklemme, die wir für die Kabelmontage benötigen. Im Tausch gegen die einheitliche Rallye-Währung Efes, und zwar in Dosen. Dann verkleben und befestigen wir Merkurs neues Highlight mit – wie soll es anders sein – Panzertape. Licht an! Doch es bleibt dunkel. Zudem qualmt es plötzlich aus dem Motorraum. Und es riecht verschmort. So ein Mist! Also nochmal ran. Eine Zeit lang suchen wir, dann ist die Ursache gefunden: Es ist die Steuereinheit mit dem Hochspannungswandler für die Xenonlampe, die noch unter Strom steht. Andreas legt diesen Anschluss still und versorgt unseren Strahler mit einem neuen Pluskabel. Mit Erfolg. Die Lampe brennt heller denn je. Und das israelische Team verleiht uns den „Rallye-Design-Award“. Auch der TÜV-Türk-Aufkleber, der unserer Reparatur einen Hauch von offiziellem Charakter verleihen soll, ist sogleich an Ort und Stelle angebracht. Merkurs neues Erscheinungsbild erinnert uns alle an einen Erlkönig.

Ich bleibe an diesem Vormittag in einem Café in Dalyan, um meine Blogberichte zu schreiben. Phillip und Simon schauen sich den Hafen an. Uta, Andreas und Sigrid machen sich auf den Weg zum Bootssteg, um mit einem kleinen Schiff zum Strand zu schippern. Telefonieren, kassieren, Boot lenken – dies alles gleichzeitig, der Bootsführer ist ein Multitalent. Oben in den Felswänden sind große Felsengräber zu sehen. Nach einer dreiviertelstündigen Fahrt legt das Boot an. Ein attraktiver Sandstrand erwartet die Ausflügler. Um 13 Uhr geht’s wieder zurück.

Kurz vor 14.30 Uhr starten alle Rallye-Teams nach den Ansprachen wieder mit Polizeieskorte durch den Ort, vorbei an winkenden Menschen, vorbei an bunten Läden, vorbei am Schildkrötenbrunnen. Einhellige Meinung heute nicht an der Küste entlang zu fahren, sondern durch die Berge. Vom „grünen Team“, das uns auf der Schnellstraße überholt, erhalten wir in der Ortsdurchfahrt von Camköy den Hinweis, dass bei Merkur etwas am Unterboden schleift. Jetzt hören wir es auch. Wir stoppen und kurzerhand wird der Frontunterbodenschutz aus Kunststoff, der komplett herunterhängt, entsorgt.

Jetzt, wo‘s so richtig heiß wird, das Thermometer einige Grade über 30 klettert, wird’s für uns im Merkur langsam ungemütlich: Die Klimaanlage ist ausgefallen. Während diese in der Venus und im Jupiter jeweils fast tadellos funktioniert, ist bei uns null Kühlleistung feststellbar. Zudem verträgt Sigrid keine Zugluft. Das heißt, die Fenster bleiben geschlossen. So lang, bis es im Innenraum nicht mehr zu ertragen ist. Sobald ich dann doch ein Fenster öffne, vermummt sie sich komplett, inklusive Mütze beziehungsweise Kapuze.

 

Bis Antalya liegen noch 184 Kilometer vor uns. Als wir über einen Pass mit 1300 Metern Höhe fahren, sehen wir entlang der Straße noch Schneereste. In den Bergen sind aus der Ferne dunkle Wolken zu sehen. Wir werden wohl in den Regen fahren. Kurze Zeit später tröpfelt es schon. Immer wieder sieht man einzelne dicht an der Straße angepflockte Ziegen oder kleinere Ziegen- und Schafherden. Sonne und Regen wechseln sich ab. Es regnet mal wieder.

Die nächste Reifenpanne. Jetzt hat’s unseren Merkur erwischt – hinten rechts. Auf einer Landstraße wechseln wir schnell den Reifen. Die Zeit von Venus mit 15 Minuten können wir trotzdem nicht unterbieten. In Serik lassen wir beim Reifenhändler den zweiten Reifen von Phillip und Simon auf die Felge des kaputten Reifens montieren. Am Schluss noch eine Reifendichtheitsprobe auf Türkisch: In einer mit Wasser gefüllten Badewanne, die vor dem Laden fast auf der Straße steht, taucht der Juniorchef das Rad unter, dreht es und taucht es nochmals unter. Dicht und fertig. Macht 25 türkische Lira (umgerechnet 6 Euro).

In Side treffen wir um 20.15 Uhr ein. Blinkende Lichter, viel Trubel, Fotostopp vor einer erleuchteten Moschee, viele Touristen. Wir parken in einer Seitenstraße und melden uns an der Rezeption des Side Royal Palace Hotel. Für heute Abend ist eine Beachparty angekündigt. 25 Euro pro Person. Wir überlegen kurz, entscheiden uns dann für diese Veranstaltung. Mit uns haben auch Gäste des Hotels sich für die Beachparty angemeldet. Es gibt Wein und deutsches Bier (Paulaner), außerdem Pommes frites, Hamburger, trockenen Döner. Laute Beschallung mit türkischer Popmusik. Eine Tanzeinlage zweier gestylter Girls, eine Vorführung eines Feuerschluckers. Doch so spannend ist diese Party nicht, das Essen auch nicht berauschend. Wir gehen.

Auf dem Weg zum Hotel kommen wir an zahlreichen Touri-Läden vorbei, die zu dieser späten Stunde auch noch geöffnet haben. Meine Sandalen leiden leider unter Auflösungserscheinungen. Ein paar neue Flip Flops sind jetzt angesagt. Doch offensichtlich hören die Schuhgrößen bei türkischen Männern bei 45 auf. Ich benötige allerdings 47. Pech gehabt.

 

Als wir mit Laptop bewaffnet zum Hotel laufen, begegnen uns Uta und Andreas mit der erfreulichen Nachricht, dass morgen ab 8 Uhr das Spa für uns geöffnet wird und wir dort duschen können. Im Eingangsbereich des Hotels arbeite ich noch an den Berichten, während Sigrid schon die Augen zufallen. Auf dem Weg zu unserer Schlafstätte begegnen uns Phillip und Simon, die unterwegs zu Meike und Co., einem anderen Rallyeteam, sind, um dort noch eine Shisha zu rauchen. Die Nacht hindurch ist das laute Gewummere vom Strand zu hören.