Tag 6

Wir packen unsere Duschsachen und laufen zum Eingang vom TFF-Trainingslager. Doch heute kommen wir nicht mehr hinein, geben uns die Pförtner zu verstehen. Keine Chance! Dafür lassen sie mich kurz in ihre Pforte, denn dort steht WLAN zur Verfügung. Und eine Steckdose für meinen Laptop. Ich schließe ihn an, starte, dann wird’s mir mit einem Schlag ganz heiß: Auf dem Monitor erscheint das Startbild eines Nachrichtenkanals. Darauf zu sehen Erdogan und dazu die Meldung: Deutscher Tourist in der Türkei verhaftet. So schnell habe ich noch nie meinen Laptopdeckel zugeklappt.

Ein immer größeres Problem für uns wird das Aufladen von Mediengeräten (Notebook und Smartphones, Kameras und mobiler Drucker), denn im Auto benötigen die Akkus viel mehr Zeit zum Energie tanken. Da wird jede auch nur noch so kurze Pause unterwegs genutzt, um irgendein Gerät ans Netz zu hängen. Auch die Verbindung zum weltweiten Netz klappt nicht so, wie ich mir das vor Beginn der Reise vorgestellt hatte. Da ist so eine nette Einladung ins Pförtnerhäuschen eine willkommene Gelegenheit.

Am „Frühstücksbuffet“, das bei der Einfahrt zum Lager aufgebaut ist, gibt es löslichen Kaffee mit Milchpulver, schwarzen Tee und belegte Brötchen. Punkt 8.30 Uhr stellen sich alle zum Start auf. Merkur hat leider großen Durst. Ohne ein rasches Durstlöschen wird er an diesem Morgen nicht mehr weit kommen. Bereits mit laufendem Motor schnallen wir den Stahlkanister vom Jupiterdach und schütten 20 Liter in den Tank unseres Autos.

Die Kommunikation zwischen uns während der Fahrt klappt über CB-Funk ganz gut und fast reibungslos. Unser Team 36 funkt auf Kanal 36 und wir denken, wir sind die einzigen auf diesem Kanal. Da hören wir plötzlich uns bislang unbekannte Stimmen. Da entdecken wir den fremden Funker, der uns erklärt, er gehöre dem Team 6 an, und 6 x 6 würde eben 36 ergeben. Und noch ein weiteres Team ist auf Kanal 36 unterwegs. Aus dessen Reihen erklärt uns einer: „Wir haben gedacht, auf dem Kanal ist nichts los“.

Los geht es durch das aufgeblasene, schwarze Rallye-Tor. Das Feuerwehrfahrzeug von Team Bordercross nimmt Anlauf, doch es passt nicht ganz durch. Es bleibt oben hängen, reißt das Tor um und verliert bei dieser Aktion beide Blaulichter. Mit vereinter Kraft geht’s dann doch durch. Im Konvoi verlassen die Rallye-Fahrzeuge ihr Lager. Ihr Ziel lautet: Blaue Moschee.

Nach der zweiten Bosporus-Brücke verliert unser Team im Konvoi den Anschluss an die vorausfahrenden Fahrzeuge und wir müssen wieder zurück über die Brücke. Logisch, dass uns auch andere Team-Fahrzeuge folgen. Wieder in der richtigen Richtung kämpfen wir uns Stoßstange an Stoßstange durch die morgendliche Rush Hour zum Hippodrom bei der Sultanahmet-Moschee, wegen ihrer Fayencen auch Blaue Moschee genannt.

Wir nähern uns dem Bezirk Karaköy und fahren über die Galata-Brücke, die über das Goldene Horn führt. Wir haben den Anschluss wieder und fahren auf den Hippodrom-Platz. Unsere Sterne sind ein gefragtes Fotomotiv. Eine junge, attraktive Reporterin des lokalen TV-Senders Büyüksehir ist im Rallye-Park auf der Suche nach Interviewpartnern und wird auf unsere turborostigen Fahrzeuge aufmerksam. Sie interviewt Simon auf Englisch. Im Medienbericht heißt es:

200 Fahrzeuge und 400 Teilnehmer aus 11 Ländern nehmen an der Rallye teil. Nachdem die Fahrer durch 38 Provinzen in der Türkei gereist sind, geht es weiter durch Israel und Palästina bis nach Jordanien.

Dann winkt eine weitere Rallye-Aufgabe. Wir ergattern eine TÜV-Türk-Fahne, die wir an einer Prüfstation auf unserer Reise wieder abgeben müssen. Der deutsche TÜV-Süd hat übrigens das Prüfwesen in der Türkei aufgebaut und hat hier im Land das Monopol im Bereich der technischen Fahrzeugabnahmen.

Wir laufen zum Platz vor der Hagia Sophia. Dort gibt Uta ein Lied mit ihrem Alphorn zum Besten, das sich teleskopartig zusammenschieben lässt. Dann animiert sie zu unser aller Überraschung eine vollverschleierte Muslima und deren Mann, es ebenfalls einmal zu versuchen: mit Erfolg. Uta hat für solch einen Fall mehrere Mundstücke eingesteckt.

Die Ansprachen auf dem Hippodrom-Platz sind schon in vollem Gange, als wir wieder dort eintreffen. Alle Rallye-Teilnehmer sowie zahlreiche interessierte Besucher lauschen den zweisprachigen Reden bedächtig, als plötzlich hinter uns auf der Straße ein Aufschrei einiger Passanten zu hören ist. „Unser“ aufblasbares Rallye-Tor war schon wieder umgerissen worden, diesmal von einem gepanzerten Polizeifahrzeug, das gefühlte 15 Antennen unterschiedlichster Bauart auf dem Dach montiert hat.

 

Im Anschluss an die Reden versammeln wir uns mit unseren Rosenstöcken vor dem Tor und alle Teams laufen gemeinsam zum Gülhane-Park, vorn voraus Burhan vom OK (Organisationskomitee). Dort im Park sind Beete vorbereitet für unsere Rosen. Spaten sind sehr gefragt, da Mangelware. Ein schöner Park, der an diesem sonnigen Tag auch das Ziel einiger Schulklassen ist, die sich an Springbrunnen und Wasserspielen erfreuen.

Kurz nach dem Ausgang des Parks kehren wir in „The HAN“ ein. Han bedeutet übrigens Karawanserei. Ein Tipp von Orly, dem isaelischen OK-Mitglied. Wir lassen uns sehr leckere Gözleme mit Spinat/Käse und minced beef munden. Der Mint-Lemon-Tee schmeckt sensationell gut und sehr intensiv nach Minze. Die anderen und auch Sigrid und ich ziehen los. Ich will einen Turkcell-Laden finden, um eine türkische Telefonkarte fürs Handy zu kaufen. Wir müssen uns etwas beeilen und laufen durch den Gülhane-Park zurück zum Hippodrom-Platz. Um 15 Uhr ist dort Abfahrt, direkt nach dem Freitagsgebet.

Kurz nach dem Ausgang des Parks kehren wir in „The HAN“ ein. Han bedeutet übrigens Karawanserei. Ein Tipp von Orly, dem isaelischen OK-Mitglied. Wir lassen uns sehr leckere Gözleme mit Spinat/Käse und minced beef munden. Der Mint-Lemon-Tee schmeckt sensationell gut und sehr intensiv nach Minze. Die anderen und auch Sigrid und ich ziehen los. Ich will einen Turkcell-Laden finden, um eine türkische Telefonkarte fürs Handy zu kaufen. Wir müssen uns etwas beeilen und laufen durch den Gülhane-Park zurück zum Hippodrom-Platz. Um 15 Uhr ist dort Abfahrt, direkt nach dem Freitagsgebet.

Jetzt suchen wir im Istanbuler Stadtteil Sancaktepe in der Camhurryet Cadesi den Allgäu-Orient-Rallye-Park. Aber nicht nur wir. Auch andere Teams sind auf der Suche, fahren vor uns, fahren hinter uns, begegnen uns oder fahren in ganz andere Richtungen. Das ist schon verzwickt, wenn man im fremden Land kein Navi benutzen darf und die Leute, die man fragt, kaum verstehen, was man möchte, oder Richtungen angeben, die dann auf der Straße für uns manchmal nicht umsetzbar sind. Einmal geht’s in einer Straße so steil hoch, wie ich bislang keine einzige Straße in Deutschland und nirgendwo sonst hoch bin. Unsere Sterne setzen fast alle auf, die Kupplungen qualmen. Inklusive mehrerer Versuche schafft’s letztlich jedes Auto von uns.

Wir suchen, fahren wieder zurück, suchen weiter. Wir finden diese Straße nicht. Und die Leute, die wir fragen, zucken mit den Schultern. Gaby, Sigrids Schwester, verfolgt unsere Strecke zuhause am PC mit. Sie ist zufällig gerade online und unterstützt uns per SMS: Stopp! Ihr müsst zurück – und: Schon wieder vorbei – zurück – 1. rechts und versetzt 2. links ist Hürriyet. Nach mehreren Fahrten in die Irre sind wir nun richtig. Wir parken direkt vor dem Dusch- und Toilettenhaus, das sich noch in nicht ganz fertigem Zustand befindet.

Die einzige Dusche ist gerade frei. Schnell springen Sigrid und ich hinein. Herrlich dieses Wasser von oben nach so langer Zeit. Dass es nur eiskalt ist, macht fast gar nichts in diesem Moment. Warmes Wasser gibt es hier seit Tagen nicht mehr. Und das kalte geht an diesem Tag auch immer wieder mal aus. Sigrid wäscht Wäsche unter diesen erschwerten Bedingungen. Auch Strom ist Mangelware. Sämtliche verfügbaren Steckdosen sind belegt mit Geräten, die aufgeladen werden müssen.

 

Ich habe endlich ein bisschen Zeit, meine Berichte für die BKZ zu schreiben. Überall springen Kinder herum, die Geschenke erwarten. Eine Frau versucht, unser Fahrrad für ihr Kind zu bekommen. Der Raum im Duschhaus füllt sich mit Verkehrsschildern, die wir aus Deutschland für den zukünftigen Verkehrsübungsplatz mitgebracht haben. Das Gelände ist mit jungen Kiefern bepflanzt, die später einmal Schatten spenden werden. Überall werden die Campingstühle und -tische hervorgeholt. Man kocht und isst etwas und lässt in gemütlicher Runde den Tag Revue passieren.